Gengans!
Das geschriebene „Gengans“ sieht auf den ersten Blick wie ein französisches Wort aus oder wie ein Geflügel mit besonderen Erbmerkmalen, doch unordentlich ausgesprochen und auf der ersten Silbe betont kann man den Wienerischen, den ostösterreichischen, ja eigentlich sogar den bairischen Dialekt heraushören. „Gengans“ bedeutet wörtlich übersetzt „Gehen Sie“ und wird unter anderem mit einem Fragezeichen versehen auch für „Wirklich?“ verwendet.
Bleiben wir aber beim Rufzeichen und der heutigen Motivation: Gengans!
Gehen ist mit Abstand die einfachste, billigste und gesündeste Art, sich fortzubewegen sowie sich fit zu halten. Beim Gehen werden nicht nur die Beine trainiert, denn jene Muskeln, welche die Beine heben und wieder absetzen befinden sich am Gesäß und im Bauchraum. Bauch-, Brust- und Rückenmuskulatur, besonders die großen Rückenstrecker neben der Wirbelsäule, werden durch das Aufrechthalten des Oberkörpers und des Kopfes beansprucht und müssen bei jedem Schritt die Balance halten. Durch das Schwingen der Arme bei forciertem Gang werden ebenso Schulter- und Armmuskeln benutzt. Gehen ist demnach ein Ganzkörpertraining.
Da in der Natur stets mit einem Minimum an Energieverbrauch gearbeitet wird, gibt es Mechanismen, die ein nahezu automatisiertes Gehen ermöglichen. Beim Gehen durch die Stadt oder auf befestigten Wegen genügt ein unbewusster Blick und wir erkennen, dass auf den nächsten Metern der Untergrund eben und ohne Hindernisse bleibt. In solch einem Fall verselbständigen sich die nächsten Schritte – der Trainingseffekt ist dadurch jedoch stark reduziert. Erst dann, wenn kein Schritt dem anderen gleicht, also auf unebenem Terrain wie z.B. einem Waldboden erhöhen sich der Energieverbrauch und damit die Effizienz der Bewegung. Über Stock und über Stein muss vermehrt Balance gehalten werden, was die Muskulatur des gesamten Körpers weit mehr beschäftigt.
Die seinerzeit propagierten 10000 Schritte pro Tag sind nicht zwingend notwendig, aber mehr ist in diesem Fall wirklich mehr. An der Universität Graz haben neueste Forschungen ergeben, dass das Risiko, an irgendeiner Krankheit frühzeitig zu versterben, mit 1000 Schritten mehr pro Tag um 15 Prozent sinkt. Schon 500 Schritte mehr täglich reduzieren das Risiko für eine tödlich verlaufende Herz-Kreislauf-Erkrankung. Die einfachste Methode, ohne Schrittzähler auszukommen, ist jene, jeden Tag 30 Minuten Bewegung zu machen, allerdings mit dem wichtigen Nebensatz: „um der Bewegung willen“. Der Körper kann sehr wohl unterscheiden, ob wir im Stress einer Straßenbahn nachhetzen oder allein um der Bewegung willen wandern gehen.
Nordic Walking ist eine nette Alternative zum Gehen, die aber nicht nur Vorteile hat. Durch das verhältnismäßig harte Aufsetzen der Ferse und dem Druck auf den Schultern werden manche Gelenke mehr als nötig belastet. Bei nicht perfekter Ausführung wird gerne das hintere Bein nicht vollständig gestreckt oder gar der Oberkörper nach vorne gebeugt. Die natürlichere Bewegungsabfolge passiert beim Gehen ohne Stöcke, wir sind ja auch ohne Stöcke zur Welt gekommen 😉
Eines der häufigsten Schmerzsyndrome ist die Ischialgie. Hochprozentig wird diese durch eine einseitige Kreuz-Darmbein-Gelenksblockade ausgelöst deren Ursache wiederum hochprozentig in einer Verkürzung und Verspannung der tiefen Bauchmuskulatur wurzelt. Die beste Therapie neben der fachgerechten Behandlung (und nicht etwa Injektionen!) ist das Gehen. Hierbei ist besonders auf die korrekte aufrechte Haltung des Oberkörpers zu achten, zusätzlich sollte das Becken nach vorne geschoben werden. Mit dem Heben des Beines wird die betroffene Muskulatur aktiviert und bei längeren Schritten, bei denen das hintere Bein vollkommen durchgestreckt wird und dadurch länger am Boden bleibt, werden die verkürzten Muskeln gestreckt, ohne in eine kontraproduktive Überdehnung zu kommen.
Kurzum: Gehen ist gesund, macht gesund und hält gesund!
Oiso gengans!