2024-06

Älter werden, ohne zu altern

Wir alle wollen lange leben und dabei gesund und fit bleiben. Im Vergleich zu früheren Generationen ist uns dies einigermaßen gelungen. Ein 70-Jähriger war vor 50 Jahren ein sehr alter Mensch, heutzutage spielen viele mit 70 immer noch Tennis, machen Fernreisen oder studieren noch schnell ihr Lieblingsfach bis zum Doktorat. Aber nicht alle. Trotz – oder wie wir gleich sehen werden – auch wegen der verbesserten medizinischen Versorgung wird der Durchschnittsösterreicher immer gebrechlicher.

Unter der Leitung von Selam Woldemariam vom Karl-Landsteiner-Institut für Gesundheitsförderungsforschung ist Ende Juni 2024 der Zwischenbericht einer fünfjährigen Studie veröffentlicht worden. Die Arbeit trägt den Titel „Zeitliche Entwicklung des Defizits an (instrumentellen) Aktivitäten des täglichen Lebens in der österreichischen Bevölkerung ab 65 Jahren“.

Erhoben wurden Schwierigkeiten bei Verrichtungen des täglichen Ablaufs wie Essen und Trinken, Duschen oder Baden, An- und Ausziehen etc. Neben diesen Tätigkeiten, kurz ADL genannt, hat man gleichfalls jene Probleme untersucht, die bei instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL), wie z.B. Kochen, die Handhabung eines Telefons oder einer Fernbedienung, Einkaufen oder den Umgang mit Geld, auftraten. Erfasst wurde dabei bereits das Fehlen einer dieser Kompetenzen.

Das Ergebnis ist ernüchternd bis schockierend. Das Auftreten von ADL- oder IADL-Defiziten nahm während der fünfjährigen Beobachtungszeit bei beiden Geschlechtern eklatant zu.

Die ADL-Einschränkungen stiegen bei Männern von 12,8 % auf 17,9 % und bei Frauen von 19,2 % auf 25,7 %. Die IADL-Werte zeigen ein noch schlimmeres Bild. Sie verdoppelten sich fast bei Männern von 18,9 % auf 35,1 % und bei Frauen stiegen sie von 38,2 % auf 50,8 %.

Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt und steigt, wir leben immer länger. Doch auf Grund dieser nun gewonnenen Erfahrungen, sinkt die Lebensqualität im Alter rapide. Die funktionelle Gesundheit älterer Erwachsener ist volkswirtschaftlich besonders relevant, da wir in Bezug auf die sich verändernde Bevölkerungspyramide die Bereitstellung von Langzeitpflege für die wachsende alternde Bevölkerung immer weiter ausbauen müssten. Dass dies nicht funktioniert, haben wir in Österreich ausreichend bewiesen.

In der Studie heißt es, ein Zusammenhang zwischen chronischen Erkrankungen und ADL- und IADL-Defiziten sei erwiesen. Bei älteren Erwachsenen mit chronischen Krankheiten träte ein stärkerer Anstieg funktioneller Einschränkungen auf. Die ADL/IADL-Verläufe bei Studienteilnehmern, bei denen Diabetes mellitus, Krebs und Bluthochdruck diagnostiziert wurden, wären am höchsten. Dies zeige, dass die Sterblichkeit zwar hintangehalten werden könne, jedoch die chronischen Krankheiten und die damit verbundenen Risikofaktoren zu einem früheren Beginn der Behinderung führen würde. Die Aufrechterhaltung einer guten Gesundheit sei durch Lebensstilverhalten für den Einzelnen und die Gesellschaft von entscheidender Bedeutung.

Eine nicht zu unterschätzende Beobachtung ist der zwingende Zusammenhang zwischen Körper und Geist. Intellektuell rege Menschen sind in der Regel auch körperlich gesünder. Gesundheit ist ja laut WHO „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“

Eine Nebenbei-Erkenntnis dieser Studie, die ich nicht unerwähnt lassen möchte, ist der Anteil der übergewichtigen bis adipösen Teilnehmer. Er stieg in fünf Jahren von einem bereits beängstigenden Niveau, nämlich von 60,6 % auf 62,9 %. Wenn wir in diesem Stil voranschreiten, sind wir nach etwas mehr als 30 Jahren bei 80 % angelangt…

Was hilft die beste und interessanteste Studie, wenn wir keine Schlüsse daraus ziehen? Die Ergebnisse sind nicht allein für jene Menschen von Bedeutung, die jetzt 65 oder älter sind, denn alle anderen kommen auch dorthin. Meist schneller, als uns lieb ist. Die Prävention darf mit 30 begonnen werden, sie kann mit 40 und soll mit 50 begonnen werden. Aber sie muss mit 60+ begonnen werden und dies egal in welchem Alter der Startschuss erfolgt. Selbst mit 85 oder 90 haben wir es selbst in der Hand, wie wir die nächsten Jahre verbringen werden. Fit, kräftig und beweglich in körperlicher wie in geistiger Hinsicht – oder hilfsbedürftig, gebrechlich und dement.

Die Lösung ist wie immer ein gesunder Lebensstil, einen, den wir gerne haben, der uns nicht weh tut, uns nichts wegnimmt, was wir vermissen würden. Mit ausreichender Bewegung, insbesondere Krafttraining, und einer ausgewogenen Ernährung kommen wir unserem Ziel, gesund älter zu werden, ohne zu altern, ein großes Stück näher.

Und weil wir immer am Puls der Zeit sind, gibt es ab September 2024 „VITALITÄT im Alltag“, ein kurzes Seminar, das es nirgendwo sonst gibt und Sie einen wichtigen großen Schritt in die richtige Richtung gehen lässt: http://institutloebel.at/allgemein/vitalitaet-im-alltag/